BELARUS NEWS AND ANALYSIS

DATE:

05/10/2005

Belarus: Opposition kampferisch

Gemeinsamer Prasidentschaftskandidat gegen den diktatorischen Staatschef Lukaschenko

Minsk/Moskau - Zu Recht als Hauptereignis des Jahres war der "Kongress der demokratischen Krafte" affichiert. Auf ihm wahlte die Opposition von Belarus (Wei?russland) am Sonntag in Minsk ihren gemeinsamen Kandidaten, der bei den Prasidentschaftswahlen im Juni 2006 gegen den letzten Diktator Europas, Alexander Lukaschenko, ins Rennen gehen soll. Unter vier genannten Anwartern einigten sich elf Parteien und mehr als 200 gesellschaftliche Organisationen auf Alexander Milinkewitsch, der der "Wei?russischen Volksfront" nahe steht.

Der 57-jahrige Physiker lehrt an der Universitat der westlichen Grenzstadt Grodno. Einst Profibasketballer, leitete er zuletzt den Fonds zur Unterstutzung der regionalen Entwicklung.

Schon lange stand die zersplitterte Opposition vor der Aufgabe, sich hinter einer Leitfigur zusammenzuschlie?en. Dass dies bisher nicht gelang, lag sowohl am mangelnden Kooperationswillen als auch an der Maschinerie des allgegenwartigen Geheimdienstes und der Sicherheitskrafte.

Nun aber hatten sich die Teilnehmer schon vor dem Kongress geeinigt, den stimmenstarksten Kandidaten zu unterstutzen. Dies wird hauptsachlich vom Vorsitzenden der Vereinten Burgerpartei (OGP), Anatoli Lebedko, gefordert sein, denn er ist Milinkewitsch um nur acht Stimmen unterlegen.

Erste Reaktionen aus der OGP lassen bereits wieder Skepsis an einer Kooperation aufkommen. Der Prufstein wird die Bildung des Schattenkabinetts diese Woche sein. Politische Beobachter hatten Lebedko fur die bessere Wahl gehalten, da er auf gro?ere Ressourcen seiner Partei zuruckgreifen kann. Au?erdem wird er fur entschlossener als der national orientierte Milinkewitsch gehalten. Kampferisch freilich gab sich auch er: Ein Kampf gegen Lukaschenko sei "in Wirklichkeit ein Krieg", sagte er nach der Wahl: "Ich verspreche euch nicht den Sieg. Aber ich kann euch versprechen, dass ich mit euch vorwarts gehen werde bis ganz zum Ende. Ich werde auf die Stra?en gehen."

Lukaschenko selbst, der sich im Vorjahr mit knapp 80 Prozent Zustimmung bei einem Referendum das Recht zur Kandidatur fur eine dritte Amtszeit geholt hatte, sah dem Kongress relativ gelassen entgegen - mehr noch, er hatte dessen Abhaltung im Land ermoglicht, obwohl die Staatsmacht ansonsten seit Monaten jegliche Massenveranstaltungen unterbindet.

Gerade seit der "orangen Revolution" in der Ukraine treibt Lukaschenko seine internationale Isolation weiter voran. Dass es tatsachlich schon nachstes Jahr zu einem ukrainischen Szenario kommen konnte, ist indes wenig wahrscheinlich. Umfragen zufolge kann die Opposition im besten Fall auf 30 Prozent der Stimmen kommen.

Das EU-Parlament hatte in der Vorwoche in einer Resolution Wei?russlands Regime scharf verurteilt und Europarat sowie EU-Kommission gebeten, die Situation mit Russland zu diskutieren. Wenig zuvor hatte die EU-Kommission das Einreiseverbot fur Lukaschenko und andere hohe Staatsfunktionare um ein weiteres Jahr verlangert. (sed/DER STANDARD, Printausgabe, 4.10.2005)

Source:

http://derstandard.at/?url=/?id=2194005

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